von Andreas
Es ist dunkel, es regnet, ich sitze im Auto und wage einen Rückblick. Ich habe eine Stunde, um euch an meinen ersten wackeligen Schritten auf dem Terrain der analogen Fotografie teilhaben zu
lassen.
In den letzten Monaten haben ich mich mit dem Thema analoge Fotografie beschäftigt. Wie kam das eigentlich? So genau kann ich es gar nicht mehr sagen. Aber eines steht fest. Ich war "genervt" von
der digitalen Schnelllebigkeit. Foto für Foto wanderte von der Kamera auf meinen PC. Aber ich fühlte mich nicht verbunden mit diesen Aufnahmen. Es wurden immer mehr, ohne das ich die Zeit fand,
diese Fotos zu sichten, auszusortieren und zu bearbeiten. Ich wollte etwas anderes machen. Bewusster, langsamer - einfach anders.
Schon viele Jahre faszinierten mich Großformatkameras. Der Anblick lässt mich staunen. Diese Kameras lassen mich an die Anfänge der Fotografie denken. Wie oft hatte ich schon Aufnahmen gesehen,
bei denen der Fotograf unter einem Dunkeltuch verschwindet und alle Einstellungen tätig, dann den Film einschiebt und auslöst. Das war in meinen Gedanken die pure Langsamkeit. Und wenn man
darüber nachdenkt, dann idealisiert man bekanntlich ja alles. Ab einem gewissen Punkt stand für mich fest - ich wollte das auch.
Nach einer spannenden, über Wochen dauernden Equipment-Recherche bin ich bei einer Intrepid 4x5 Großformatkamera hängen geblieben. Nachdem dann auch ein Objektiv, ein Rollfim-Rückteil für
Mittelformatfilm, eine Lupe für die Mattscheibe, Drahtauslöser und Filme besorgt waren, konnte es endlich losgehen. Auch wenn ich meinen Fokus auf Schwarzweiß legen wollte, startete ich erst
einmal mit einem 5er Pack Kodak Gold. Da ich noch nie bewusst analog fotografiert hatte (höchstens geknipst als Kind), war das Thema Film einlegen ein erster Stolperstein. Ohne eine Anleitung,
die ich im Internet gefunden hatte, war ich nicht in der Lage, den Film in mein 6x12 Horseman Rollfim-Rückteil einzulegen. Nachdem dies erledigt war und ich ein paar Trockenübungen gemacht hatte,
packte ich meinen Kram in einen noch leeren Fotorucksack (bloß gut, dass man als Fotograf soviele Rücksäcke hat). Es war im September. Während meine Tochter beim Reiten ist, habe ich genau eine
Stunde Zeit zum Fotografieren. Zum Glück wohnen wir in der Lausitz so naturnah, dass ich schnell an einer geeigneten Location war. Auf einer meiner vorangegangen Touren entdeckte ich den Rest
einer Ziegelwand in einem Wald. Kein typisches Motiv für mich, aber dennoch irgendwie faszinierend. Nachdem ich einen passenden Standort gefunden hatte, ging es los. Auspacken, Aufbauen, Objektiv
montieren, Ausrichten, Motiv komponieren, mit der Lupe auf der Mattscheibe scharf stellen, Mattscheibe gegen Filmrückteil tauschen, Blende am Objektiv einstellen, Verschluss schließen,
Drahtauslöser montieren, Belichtungszeit einstellen. Moment wie lang muss ich denn belichten? Da ich noch keinen externen Belichtungsmesser habe, muss erst mal das Handy herhalten. Es gibt eine
Vielzahl an Apps für diesen Anwendungsfall. Nachdem mir die App eine Belichtungszeit angezeigt habe, möchte ich diese einstellen, aber das Objektiv kann nur Zeiten bis 1s steuern. Also muss ich
selbst zählen oder wieder eine App nutzen. Mein analoges Abenteuer ist eben doch auch digital. Nun aber los. Verschluss prüfen, ja der ist gespannt, Stoppuhr ist bereit. Dann mit dem
Drahtauslöser auslösen und nach ca. 3s noch mal drauf drücken und den Verschluss wieder schließen. Und was hat gefehlt? Der Schieber vom Rollfim-Rückteil war nicht herausgezogen, d. h. der Film
wurde nicht belichtet. Also noch mal. Verschluss spannen, Schieber rausziehen, Drahtauslöser zum Ersten und zum Zweiten. Schieber wieder einschieben.Wow, erstes Foto im Kasten. Was für ein
Gefühl. Vor allem dieses Gefühl, dass ich mir das Foto nicht anschauen kann. Hab ich denn alles richtig gemacht? Ich weiß es vor Ort einfach nicht. Somit muss ich mich in Geduld üben. Ich mache
noch zwei weitere Aufnahmen mit anderen Verschlusszeiten, um sicherzugehen. Dann gehe ich zu einem anderen Motiv und ich starte meinen Großformat-Tanz wieder aufs Neue. Nach zwei Motiven ist
meine Stunde auch schon vorbei und ich muss mich beeilen, meine Tochter abzuholen.
Verrückte analoge Welt.

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Oliver (Mittwoch, 12 Februar 2025 12:29)
Spannend :-) Wie machst du es mit der Entwicklung - selber, oder Labor?
Andreas (Mittwoch, 12 Februar 2025 14:37)
Hi Oliver,
aktuell lass ich noch entwickeln. Der Wunsch ist da es selbst zu machen :-)
Viele Grüße
Andreas